Ein Gegenmodell zum herrschenden Welthandel zu entwerfen – das ist das Anliegen des Weltladens Norderstedt, der von dem Verein „Eine Welt für Alle“ e.V. getragen wird. Franz Maletzke ist nicht nur Vorstandsvorsitzender des 1994 gegründeten Vereins, sondern auch Gründer des Weltladens, der zwei Jahre später in der Mitte Norderstedts eröffnet worden ist. Schon vor der Corona-Krise gab es erste Überlegungen, noch mehr auf die Wünsche der Kunden einzugehen und die digitale Präsenz auszuweiten. Einen Onlineshop gab es vor der Corona-Krise nicht. Im Interview hat Franz Maletzke uns verraten, wie der Weltladen Norderstedt mit der Krise umgeht und welche Lösungen er und sein Team gefunden haben, um trotz der temporären Ladenschließung weiterhin verkaufen zu können.
Frage: Wie viele Leute arbeiten im Weltladen Norderstedt?
Franz Maletzke: Momentan gibt es etwa ein Dutzend ehrenamtliche Kräfte, die im Laden arbeiten und insgesamt circa 80 Stunden Arbeit pro Woche leisten. Einige ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pausieren wegen der Corona-Krise. Rund zehn der Mitarbeiter sind in Vier-Stunden-Schichten als Verkäufer tätig. Zusätzlich gibt es eine Mitarbeiterin, die ein freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) im Laden macht und circa 40 Stunden pro Woche arbeitet. Der Laden wird vom Verein „Eine Welt für Alle“ e.V. betrieben, der momentan 70 Mitglieder hat.
Frage: Wie bewerbt ihr euren Laden und die Produkte?
Maletzke: Für das Bewerben des Ladens und der Produkte werden verschiedene Kanäle genutzt. Grundsätzlich berichten die lokale Presse und ein lokaler Fernsehsender häufig über unseren Laden. Aktuell haben wir außerdem Aushänge im Schaufenster mit allen Informationen zu Bestellungen und Lieferungen. Wir kommunizieren mit unseren Kunden aber auch über unseren Onlineshop und unsere Instagram-Seite. Hier werden immer wieder die neuesten Infos gepostet. Zum Beispiel wurden die Kunden gerade darüber informiert, dass der Laden am 23. April das erste Mal wieder geöffnet ist und es jetzt einen „Spuckschutz“ aus Plexiglas im Laden gibt. Die Website „Norderstedt bleibt zu Hause“ listet Informationen über Norderstedter Firmen und deren Aktivitäten in der Corona-Zeit. Dort ist auch der Weltladen Norderstedt mit einem Eintrag vertreten.
Frage: Welche Kanäle nutzt ihr, um mit euren Kunden zu kommunizieren?
Maletzke: Wir kommunizieren mit unseren Kunden über unsere Website und E-Mail-Verteiler, per Telefon und Instagram. Wir pflegen aber auch persönlichen Kontakt zu unseren Kunden und richten Events aus. Im Sommer finden bei normalem Betrieb beispielsweise Konzerte vor dem Laden statt.
Frage: Wie viele Bestellungen wurden in der Corona-Zeit ausgeliefert?
Maletzke: In drei Wochen gab es ca. 60 Bestellungen, die dann per Rad ausgeliefert wurden. Unsere Kunden haben über verschiedene Kanäle bestellt, unter anderem per E-Mail und Telefon. Besonders beliebt waren die „Mutmach-Tüten“, das war eine Idee der Weltladen-Mitarbeiter. In der Tüte sind getrocknete Mangos, Kekse, Tee und natürlich Norderstedts Schokolade und Kaffee. Die Tüte bieten wir zu 15 € an und liefern sie kostenlos innerhalb Norderstedts aus. Wir haben auf die Aktion unter anderem auf unserem Onlineshop und den Instagram-Kanal aufmerksam gemacht.
Frage: Bietet ihr Click & Collect an?
Maletzke: Bisher wurde noch kein Click & Collect angeboten. Es kam aber vor, dass ein Kunde beim Laden vorbeikam, einen Mitarbeiter sah und dann angeklopft hat. Auf diesem Wege wurden einige Produkte verkauft. Der Laden wird am 23. April testweise eröffnet und dann wird wahrscheinlich Click & Collect eingeführt.
Über den Weltladen Norderstedt
Im Juni 1996 wurde der Weltladen Norderstedt eröffnet. Auf der 50 qm großen Fläche werden Kunsthandwerk und Lebensmittel in ständig wechselndem Sortiment verkauft. Darüber hinaus macht der Weltladen Norderstedt vielfältige Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und möchte einen Beitrag dazu leisten, damit der Faire Handel einen immer größeren Anteil am Welthandel gewinnt. Der Weltladen wird vom gemeinnützigen und eingetragenen Verein „Eine Welt für Alle“ e.V. getragen, ist Mitglied sowohl im Weltladen Dachverband und von der World Fair Trade Organisation (WTFO) zertifiziert.
Die Weltläden entstanden zu Beginn der 1970er Jahre und verfolgen das Ziel, die Lebens- und Arbeitsbedingungen für Menschen in den Ländern des Südens zu verbessern. Um dies zu erreichen, setzen die Weltläden auf den Verkauf fair gehandelter Waren, Informations- und Bildungsarbeit sowie auf den Dialog mit politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern. Mittlerweile gibt es rund 800 Weltläden, in denen sich mehrere 10.000 Menschen engagieren.